Smart Grids – Infrastruktur für Erneuerbare Energien

Wenn es um die Energiewende geht und um den Ausbau erneuerbarer Energien, fällt oft der Begriff Smart Grid. Aber was verbirgt sich hinter diesem System, das oft als die Zukunft des Stromnetzes und das Internet der Energie bezeichnet wird? Warum braucht es für Wind- und Solarkraft intelligente Stromnetze und gibt es bei der Umstellung auch potenzielle Gründe zur Sorge?

Unser Stromnetz kommt an seine Grenzen

Stromnetze, wie wir sie seit über hundert Jahren kennen, funktionieren – sehr vereinfacht ausgedrückt – so, dass ein zentrales Kraftwerk Elektrizität produziert und diese dann über Höchst- und Hochspannungsleitungen über Umspannwerke an die einzelnen Verbraucher leitet. Mit dem wachsenden Energiehunger von Industrie und Konsumenten steigen allerdings auch die Anforderungen an das Stromnetz. Hatten die Stromverbraucher zu den Anfangszeiten der Elektrifizierung bloß ein paar Lampen und ein Radio am Netz, sind im Zeitalter der Digitalisierung in den meisten Haushalten rund um die Uhr Computer und andere Mediengeräte angeschlossen. Mit Entwicklungen wie dem Internet of Things (IoT), Smart Homes und der Elektromobilität kommen in naher Zukunft große Herausforderungen auf das alte Stromnetz zu. Schon jetzt kommt das System in Deutschland an seine Grenzen.

Dazu kommt, dass die Umstellung auf Elektrizität von Wind, Wasser und Solar große technische Herausforderungen mit sich bringt. Denn Erneuerbare Energien sind nur dann verfügbar, wenn die natürlichen Begebenheiten es zulassen – also wenn die Sonne auf Fotovoltaikanlagen strahlt oder der Wind durch Windkraftanlagen bläst. Diese neuen Stromquellen sind zudem nicht so groß und zentralisiert wie etwa ein Kohlekraftwerk, sondern sind unregelmäßig verteilt und produzieren unterschiedliche Mengen an Strom zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Was sind Smart Grids und was können sie?

Ein modernisiertes Stromnetz muss also höheren Ansprüchen gerecht werden und in der Lage sein, die unterschiedlichen Quellen effizienter zu managen. Ein Smart Grid ist genau das. Es handelt sich dabei um ein Stromnetz, das an möglichst vielen Stellen mit Software und Sensoren ausgestattet ist, die Stromverbrauch und andere Daten messen und an die Stromanbieter und Konsumenten weiterleiten. Das macht aus einem unflexiblen System, in dem Strom ausschließlich in eine Richtung fließt, ein dynamisches Informationsnetz, das intelligent auf Nachhaltigkeit und Effizienz hin organsiert werden kann.

Diese Informationstechnologie erlaubt es dann, den Strom automatisch dorthin zu leiten, wo er am dringendsten benötigt wird. Dann können zum Beispiel Überschüsse von Solaranlagen direkt an Verbraucher weitergeleitet werden, die sonst von fossilen Brennstoffen versorgt werden. Und wenn Sonne und Wind zeitweise nicht ausreichen, wird der Strom automatisch von einer anderen Quelle hergeleitet. Stromausfälle, etwa durch beschädigte Oberleitungen, registrieren die Sensoren in Echtzeit und veranlassen entsprechende Umleitungen.

Gleichzeitig sind mit Smart Metern, wie die Sensoren auch bezeichnet werden, ausgestattete Haushalte in der Lage, ihren Stromverbrauch auf die Minute genau im Auge zu behalten. Niemand muss mehr auf monatliche oder jährliche Abrechnungen warten, um zu sehen, wieviel Strom man verbraucht hat – ein Blick auf das Smartphone genügt. Sogar über im Laufe des Tages schwankende Strompreise ist man informiert und kann seinen Verbrauch dahingehend anpassen. So ließen sich Spannungsspitzen ausgleichen, was für Verbraucher und Anbieter lohnenswert ist.

Probleme und Kritik an Smart Grids

Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, dass die heutigen Stromnetze modernisiert und dezentralisiert werden müssen, um sie fit für das 21. Jahrhundert zu machen, und dass dafür Informationstechnologie unvermeidbar ist. Das bedeutet aber auch, dass die mit digitalen Technologien verbundenen Risiken ebenso die intelligenten Stromzähler betreffen. Alles, was an das Internet angeschlossen ist, kann theoretisch gehackt und sabotiert werden. Manche befürchten, dass Regierungen das Smart Grid zum Teil der immer dichter werdenden Überwachung machen könnten. Immerhin ließen sich über die Stromverbrauchsdaten aus den Haushalten genaue Bewegungs- und Verhaltensmuster einzelner Personen ermitteln.

Dazu kommt, dass die Smart Meter der Zukunft über 5G-Technologie kommunizieren werden. Diese nutzt höhere Frequenzen und niedrigere Reichweiten als bisherige Mobilfunkwellen. Sorgen bezüglich einer möglichen Gesundheitsgefährdung oder Beeinflussung der Umwelt durch 5G werden von Wissenschaftlern derzeit entkräftet. Andererseits gibt es noch keine Studie über die langfristigen Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Natur.

Smart Grids sind für eine möglichst reibungslos funktionierende Zukunft mit grüner Energie unverzichtbar. Eventuelle Risiken bezüglich Privatsphäre und Sicherheit dürfen jedoch bei der Implementierung nicht außer Acht gelassen werden. Wie bei jeder Technologie hängt es auch bei Smart Grids davon ab, wie Menschen sie nutzen. Eine Ausstattung der Stromnetze mit Sensoren und IT sorgt nicht von allein für grüne Energie, zumal natürlich auch die Ölkonzerne von digitalen Modernisierungen profitieren. Wenn nicht zusätzlich genug dafür getan wird, dass Erneuerbare Energien gefördert und ausgebaut werden, haben wir nicht sehr viel von den Smart Metern.

Zum Thema „Stromfresser Internet“ und ob unser Bedürfnis, ständig online zu sein, überhaupt nachhaltig sein kann, liest du in der 7. Ausgabe des greenup Magazins – ab dem 08. November 2019 im Zeitschriftenhandel oder in unserem Online-Shop

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