From Town to Dorf

Stadtflucht oder Landflucht, ja was denn nun? Einerseits sprechen wir von der Wohnungsnot in den Städten, weil immer mehr Menschen auf Grund der schlechten Infrastruktur vom Land in die Stadt ziehen wollen, andererseits zwingen die hohen Mietpreise die Menschen sich abseits der Metropolen ihren Lebensmittelpunkt aufzubauen.

In früheren Zeiten flüchteten die Städter aufs Land, in der Hoffnung dort ein lebenswerteres Leben zu finden, bessere Luft, mehr Ruhe, mehr Menschlichkeit … doch diese Dorfromantik ist längst vorbei seit Dorfläden schließen und nicht mal mehr ein Arzt in der Nähe zu finden ist. Gerade die junge Bevölkerung zieht es in die Stadt. Das Land vergreist und die Stadt platzt aus allen Nähten. 77 Prozent der Deutschen wohnen in der Stadt. 15 Prozent leben in Dörfern mit weniger als 5.000 Einwohnern. Die Politik versucht dagegen zu steuern, indem sie zum Beispiel den Internetausbau auf dem Land vorantreibt oder mit dem Lockangebot für angehende Medizinstudenten, den Numerus Clausus zu senken gegen eine Verpflichtung sich für zehn Jahre als Landarzt zu verpflichten. Manche Dörfer werden aber auch selbst aktiv, um das Dorfleben wieder attraktiver zu machen.

Selbst ist das Dorf

Flegessen, Hasperde und Klein Süntel, etwa zehn Kilometer von Hameln entfernt, sind dafür ein gutes Beispiel. Die Dorfbewohner haben keine Lust mehr, auf die Politik zu warten. Sie organisieren sich selbst: Gemeinsam packen sie an – für sich und für eine nachhaltigere Zukunft. Denn die haben sie sich auch auf die Fahnen geschrieben.
In der „Ideenwerkstatt Dorfzukunft“ entwickeln die engagierten Bürger Wege die Dörfer zukunftsfähiger zu machen und damit den Zuzug von Bewohnern nachhaltig zu sichern. In einer ansteckenden Anpack- und Mitmachkultur entstehen praktische, kulturelle und soziale Projekte, für die drei Dörfer bereits mehrere Preise wie zum Beispiel der „Europäischer Dorferneuerungspreis“ gewonnen haben. Eine eigene Zeitung, ein Dorfladen, eine Film- und Theater-AG, Webseite und Blog, ein gemeinwohlorientierte Immobilienvermittlung und ein Dorfkino sind so entstanden.

Mobil auf dem Lande

Auch das Problem der schlechten Anbindung an das Nahverkehrsnetz sind sie angegangen. Eine WhatsApp-Gruppe für spontane Mitfahranfragen, ein Mitfahrplan für regelmäßige Fahrten und ein Mitfahrpunkt, eine Art (An)Haltestelle, decken heute viele Bedürfnisse und Strecken ab. Der Dorfbewohner kommt in die Stadt und gleichzeitig wird CO2 gespart.

Mehr als Smalltalk

Der Küchentisch, der auch innerhalb einer Familie häufig der Mittelpunkt des Familienlebens ist, wird in dieser Dorfgemeinschaft zum Redaktionstisch. Hier entsteht die Dorfzeitung mit Nachrichten aus dem Vereinsleben, Ankündigungen für Veranstaltungen, Projekt- und Ideenbesprechungen. Im Zwei-Monatsrhythmus wird eine doppelseitige, farbige DinA3-Seite hergestellt und an die 600 Haushalte in den drei Dörfern kostenlos verteilt. So werden schließlich auch alle anderen Dorfbewohner informiert.

Tante Emma lässt grüßen

Auch der Dorfladen ist ein Gemeinschaftsprojekt. Er ist nicht nur in Eigenleistung nachhaltig aus Strohballen gebaut, sondern wird auch als Verein ohne Gewinnorientierung geführt. Alles Regional und/oder Bio.
Gemeinsam planen, sprechen und anpacken, das schweißt zusammen und gibt so viel mehr an Lebens- und Wohnqualität. Nicht nur, dass so innerhalb der Dörfer die gesamte Infrastuktur aufgemöbelt wurde, die Gemeinschaft schafft auch ein freundliches Miteinander, ein soziales Umfeld, das lebens- und liebenswert ist.

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