Solltest du in Thailand Elefanten besuchen?

Thailand verspricht Touristen prächtige Naturlandschaften, goldene Tempel, feuriges Essen und hautnahe Begegnungen mit Elefanten, dem offiziellen Nationaltier. In Hotels wird man mit dutzenden Flugblättern und Angeboten für „Elephant Rescue Center“ und „Elephant Sanctuaries“, Rettungszentren und Schutzgebiete, überschüttet. Hier können Menschen die grauen Riesen füttern, sie anfassen und sogar mit ihnen baden. Aber ist das unterstützenswert oder Tierquälerei unter dem Deckmantel des Artenschutzes? Woran kann man erkennen, ob ein Anbieter seine Tiere artgerecht hält, und ist das mit diesen intelligenten Wesen überhaupt möglich? Eindeutige Antworten auf diese Fragen zu finden ist nicht einfach, man sollte die Hintergründe kennen, um abwägen zu können, was machbar ist und was nicht.

Die traurige Geschichte der Elefanten Thailands

Seit Urzeiten gehören Elefanten in den Dschungeln Südostasiens zu den unersetzlichsten Bewohnern. Sie sind dort mehr als das stärkste Glied in der Nahrungskette – sie sind eine Schlüsselart, tierische Waldhüter und verantwortlich für das Gedeihen der Artenvielfalt in ihrem Lebensraum. Ein ausgewachsener Elefant vertilgt etwa 200 bis 300 Kilo an Pflanzennahrung pro Tag. Im dichten Wald bedeutet das, dass er dort, wo sich invasive Arten breitgemacht haben, neuen Platz schaffen kann. Mit seinem kräftigen Rüssel gräbt er bei Trockenzeiten in der Erde nach Grundwasser und macht dieses für andere Tiere zugänglich. Seine großzügigen Hinterlassenschaften sind nicht nur der fruchtbarste Dünger weit und breit, sondern befördern unzählige Pflanzensamen kilometerweit in neue Gefilde.

Mit der Ausbreitung des Menschen wurden diese Tiere immer weiter dezimiert und unterworfen. Das Militär benutzte Kriegselefanten als laufende Panzer zur Abschreckung des Feindes. Tausende Tiere wurden bei der Baumrodung zur Transportation der Stämme eingesetzt. Im Laufe der Zeit haben Menschen die thailändischen Dschungel so weit abgeholzt, dass von den vormals 90 Prozent Waldfläche des Landes heute weniger als ein Drittel übrig sind. Ende der 1980er Jahre hat das Königreich der Rodung einen Riegel vorgeschoben und jegliches Holzfällen verboten. Das bedeutete, dass tausende Elefanten ihren „Job“ verloren. Gleichzeitig waren große Flächen Wald verschwunden, Lebensraum, den sie selber mit abtragen mussten. Für die meisten Tiere war es unmöglich, nach der Gefangenschaft und dem fehlenden Kontakt zu anderen Artgenossen in die Wildnis zurückzukehren.

Von den vormals mehreren hunderttausenden Tieren in den Dschungeln gibt es heute nur noch weniger als 3.000 Exemplare, die von Menschen gehalten werden und 1.200 in freier Wildbahn. Der Elefant ist vom unverzichtbaren Wildhüter zu einer gefährdeten Art geworden. Immerhin gibt es seit 2002 ein von der Königin gestiftetes Programm für die organisierte Rückführung von gefangenen Elefanten in spezielle Schutzgebiete – die Elephant Reintroduction Foundation.

„No Riding!“

Die verbliebenen Elefanten in Menschenhand werden nun hauptsächlich zu touristischen Zwecken eingesetzt. War es vor einigen Jahrzehnten noch normal, dass man auf ihnen reiten konnte, hat sich dies inzwischen geändert. Um diese mächtigen Tiere so zu dressieren, dass sie auf Kommandos hören und Menschen auf ihren Rücken lassen, müssen sie „gebrochen“ werden. Bei dieser Prozedur werden sie gewaltvoll fixiert und mit Hakenwerkzeugen bearbeitet, bis sie jeglichen Widerstand aufgeben. Westliche Touristen werden meist abgeschreckt, wenn sie von diesen Methoden hören, weshalb viele der Elefantenfarmen in Thailand nun keine Haken mehr benutzen und kein Reiten – No Riding – anbieten. Schaut man sich manche dieser Angebote genauer an, kann man allerdings skeptisch werden. Denn nach wie vor werden die Elefanten dort großen Menschengruppen ausgesetzt, die sie füttern, streicheln und mit ihnen baden gehen. Ob den Tieren eine Wahl dazu bleibt, ist oft fraglich. Manchen dieser Unternehmen wird vorgeworfen, vormittags harmlose Aktionen anzubieten, und nachmittags dann Touristengruppen aus China zu empfangen, die keinen Bezug zu Tierrechten haben und unbedingt reiten möchten.

Vollständiger Boykott auch keine Lösung

Sollte man deshalb thailändischen Elefantenfarmen aus dem Weg gehen? Angesichts der Situation vieler Elefanten ohne Lebensraum gibt es oft keine Alternativen als die Haltung. Die Kosten eines Elefanten übersteigen leicht das Dreifache einer vierköpfigen Familie, von daher sind die Sanctuaries auf Einkommen von Besuchern angewiesen. Kritiker von Boykottaufrufen betonen, dass die Beziehung von Mensch und Elefant komplex ist und man sie nicht auf veraltete Filmaufnahmen misshandelter Tiere reduzieren darf. Die Haltungsbedingungen haben sich dank bewusstem Ökotourismus in den letzten Jahren deutlich verbessert. Camps, die nachhaltig arbeiten, auf passive Beobachtungen anstatt auf direkten Kontakt und Massentourismus setzen und sich lokal engagieren, sollten verstärkt unterstützt werden.

Conserve Natural Forests – Hier steht die Natur im Vordergrund

Eine von diesen vorbildlichen Organisationen ist Conserve Natural Forests, südlich von Pai. Diese Non-Profit-Stiftung ist in erster Linie ein Wiederaufforstungsprojekt. 2018 hat sie hier mit der Pflanzung von 250.000 neuen Bäumen dafür gesorgt, dass abgeholztes und abgebranntes Land wieder zu Wald werden kann. 2019 sollen es eine Million neuer Bäume werden. Dazu leisten die Volunteers Bildungsarbeit in den lokalen Schulen, wo sie Kindern das Pflanzen beibringen und über Plastikverschwendung aufklären. Ins Leben gerufen wurde das Projekt vor fünf Jahren von Miguel Tenorio Tagle, einem aus Mexiko stammenden Rechtsberater, der sein Unternehmen an den Nagel gehängt hat, um sich voll und ganz dem Naturschutz zu widmen.

Auf dem Gelände lebt derzeit eine Elefantenkuh, Cammy, die aus einem Arbeitslager von der burmesischen Grenze befreit wurde und hier auf ihre Rückkehr ins Schutzgebiet vorbereitet wird. Auch wenn Cammy sicherlich verantwortlich für die meisten Besucher ist, wird sie nicht als Attraktion oder Kuschelobjekt missbraucht. Sie kann sich auf dem Gelände frei bewegen und schaut freiwillig im Zentrum vorbei, wo die Besucher sie mit reichlich Bananen und Maiskolben füttern können. Hat sie genug, verzieht sie sich wieder. Niemand zwingt sie, bei der Menschengruppe zu bleiben.

  • Dieses Waldstück wurde vor gerade mal vier Jahren gepflanzt: Die NGO Conserve Natural Forests betreibt Wiederaufforstung gerodeter Ländereien im Norden Thailands / ©Roman Maas

  • Miguel Tenorio Tagle (2. v.R.) und das Volunteer Team von Conserve Natural Forests / ©Roman Maas

  • Die Elefantendame Cammy ist 32 Jahre alt. In Gefangenschaft werden Elefanten 50-60 Jahre alt, in freier Wildbahn haben sie eine fast doppelt so hohe Lebenserwartung / ©Roman Maas

  • Wer in Thailand Elefanten sehen will, steht vor einer riesigen Auswahl an Anbietern und sollte sich gut informieren / ©Roman Maas

Worauf soll ich bei der Wahl einer Elefantenfarm in Thailand achten?

Wer in Thailand Elefanten sehen will, sollte sich vorher die Mühe machen, sich gut zu informieren. Die Organisation Travelife hat eine Initiative, die vorbildliche Halter auszeichnet und regelmäßig die Bedingungen kontrolliert. Außerdem gibt es online mehrere Listen mit Empfehlungen. Wer sich einmal auf einer Elefantenfarm wiederfindet, die ihm suspekt vorkommt, kann seine Zweifel mit einer Bewertung auf den einschlägigen Reiseportalen kundtun.

1 Kommentar
  1. Ich
    Ich sagte:

    IMHO sollte man überhaupt keinen riesigen CO2-Fussabdruck hinterlassen indem man mal eben nach Thailand als Tourist fliegt, schwimmt oder fährt.

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