Fünf Hot-Topics der nachhaltigen Modeindustrie im Jahr 2022
Welches sind die aktuellen Top-Themen der nachhaltigen Modeindustrie? Und welche Modelabels nehmen sich den großen Herausforderungen der Branche an? Das Expertenteam der internationalen Fachmesse für nachhaltige Textilien INNATEX gibt uns einen Einblick:
Weniger neu: Circular Fashion und Reparaturen
Circular Fashion wird als eines der wichtigsten Konzepte gesehen, die Fast Fashion und Konsumwahnsinn eindämmen können. Darunter fällt, dass Firmen Kleidungsstücke zurücknehmen, auffrischen und zum Resale anbieten. Andere Services vermieten Mode. Die Themen Recycling und Upcycling nutzen viele Brands, von denen einige auch auf der INNATEX ausstellen. Eine der umweltfreundlichsten Trends ist aber derzeit wohl die Erhaltung und Reparatur der Teile. Die Sport- & Outdoor-Anbieter Vaude und Vegtus, eines unserer aktuell fünf DesignDiscoveries, etwa produzieren Anleitungen fürs Pflegen bestimmter Teile. Auch einen Reparaturdienst beziehungsweise Neubesohlungsservice bieten die Labels an. Generell muss bei vielen Konsumentinnen und Konsumenten aber noch das Verständnis dafür geschaffen werden, dass der schnelle Konsum günstiger Teile einfach zu extrem ist. Nachhaltige Produkte haben einen gewissen Preis, halten dafür aber auch länger.
Klimaschutz: Zwischen CO2-Reduktion und Kompensation
Klimaschutz gehört zu den brennenden Umweltthemen – und die Modeindustrie spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Auf der UN-Klimakonferenz COP26 Ende 2021 wurde die Fashion Industrie Charter erneuert und immer mehr Marken schließen sich an. Damit verpflichten sie sich beispielsweise, ihre Treibhausgasemissionen öffentlich zu machen. Am wichtigsten ist natürlich die CO2-Emissionen zu minimieren. Für den Rest, der dennoch anfällt, greifen Herstellerinnen und Hersteller auf Kompensation zurück, indem sie beispielsweise in Aufforstungsprojekte investieren. Mit dem Eco4 Sneaker aus recycelten Materialien hat die Streetwear-Brand Bleed, die auf der INNATEX präsentiert, einen klimaneutralen Schuh entwickelt. Das aktuelle DesignDiscovery Nordlicht setzt neben natürlichen Materialien ebenfalls auf Klimaneutralität, indem das Label die Treibhausgase, die trotz klimaschonender Produktionsweisen anfallen, kompensiert.
Fairer geht’s kaum: Lokales Handwerk unterstützen
Auch wenn es keine neue Strategie ist, beobachten wir, dass das lokale Handwerk in den Produktionsländern wieder mehr in den Fokus rückt, da auch konventionelle Herstellerinnen und Hersteller damit verstärkt Werbung machen. Zu den wirklich ehrlichen Labels gehört Apu Kuntur, das sich seit der Gründung 1989 für eine faire, ökologische Fertigung von Textilien aus Alpakawolle sowie Biobaumwolle einsetzt. Der langjährige INNATEX-Aussteller arbeitet mit dem eigenen Betrieb in Cusco, Peru. Die jüngere Brand N’Go Shoes ziert vegane Sneakers mit einem traditionellen Muster aus Vietnam und unterstützt so ebenfalls das regionale Kunsthandwerk.
Lyocell, Naturkautschuk, Biodegradable – plastikfreie Alternativen
Synthetische Materialien wie Polyester sind ein großes Problem der Modeindustrie. Sie werden nicht nur aus endlichen fossilen Brennstoffen gewonnen, sondern sind auch nicht biologisch abbaubar. Das bedeutet, dass sie hunderte von Jahre als Müll die Umwelt verschmutzen. Zudem setzen sie Mikroplastik frei. Der Markt sucht nach Innovationen. Immer wieder entdecken wir neue Textilien, die aus Naturfasern bestehen, aber auch Lederalternativen, die vegan und gleichzeitig plastikfrei sind. Viele Aussteller auf der INNATEX präsentieren Schuhe mit Sohlen aus Naturkautschuk als kunststofffreie Variante. Das DesignDiscovery Lounge Cherie liefert Teile, die sogar Cradle-to-Cradle-zertifiziert sind und damit biologisch abbaubar.
Due Diligence: mehr Transparenz und Regulierung
Wir rechnen damit, dass immer mehr neue Regelungen für die Lieferkette kommen werden. Die Europäische Union erwägt zum Beispiel die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien, die in Frankreich und Schweden bereits aktiv ist. Die Regelung sieht vor, dass Herstellerinnen und Hersteller für die Umweltkosten, die Produkte während des gesamten Lebenszyklus verursachen, aufkommen müssen.
Um zu überprüfen, wie Unternehmen arbeiten und so auch Greenwashing einzudämmen, ist Transparenz nötig. Das fordert nach neuartigen, digitalen Trackingmethoden. In dem Kontext entstehen mehr und mehr Ideen und Konzepte. Ein neuer Partner, der erstmals auf der 50. INNATEX in der Community Area eine digitale Plattform für Transparenz entlang der Lieferkette präsentiert, ist Retraced. Auch Zertifizierungen werden relevanter, was die steigende Anzahl der Labels, die sich strengeren Initiativen anschließen, zeigt. Wer sich für Tracing-Strategien oder die Anforderungen seriöser Standards etwa wie dem GOTS, IVN BEST oder Fairtrade interessiert, kann bei uns auf der nächsten INNATEX in der Community Area mit Partnerinnen und Partnern ins Gespräch kommen.
INNATEX | Internationale Fachmesse für nachhaltige Textilien
Die INNATEX ist die weltweit einzige internationale Fachmesse für nachhaltige Textilien, die neben dem klassischen Bekleidungssektor auch zahlreichen weiteren textilen Produktgruppen wie Accessoires, Schuhen, Heimtextilien, Stoffen und Spielzeug eine Vertriebs- und Kommunikationsplattform bietet. Die Fachbesuchermesse findet seit 1997 zweimal im Jahr jeweils im Winter und im Sommer in Hofheim-Wallau bei Frankfurt am Main statt. Seit Herbst 2014 ergänzen Showrooms in Bern (Schweiz) und in Salzburg (Österreich) das Portfolio des Messeveranstalters MUVEO GmbH.
Es ist toll zu sehen, dass auch bei der Herstellung von Kleidung auf Umweltfreundlichkeit geachtet wird.